Martin Wollsteiner

Stempel: "Dr. Wollsteiner Arzt Berlin Schönhauser Allee 107"

Seit 2022 konnten zwei Bücher aus der Bibliothek von Martin Wollsteiner zurückgegeben werden.

Durch die Berufsangabe und die Adresse auf den in den Büchern erhaltenen Stempeln konnte eindeutig Dr. Martin Wollsteiner als vormaliger Eigentümer des Buches identifiziert werden.

Martin Wollsteiner wurde am 28. Februar 1877 als jüngster von fünf Söhnen von Salomon Wollsteiner und Lina Wollsteiner geb. Jablonsky in Hoyerswerda geboren. Seine Brüder waren Arthur (geb. 1870), Max (geb. 1871), Ludwig (geb. 1873) und Julius (geb. 1875).

Dr. Martin Wollsteiner war im nationalsozialistischen Deutschland als jüdisch verfolgt. 1938 wurde ihm seine Kassenzulassung entzogen. Über das Sammellager in der Großen Hamburger Str. 26 in Berlin wurde er am 14. September 1942 ins KZ Theresienstadt deportiert und dort am 21. Januar 1943 ermordet. Martin Wollsteiner war ledig und kinderlos.

Sein Bruder Max Wollsteiner war Prokurist bei der Berliner Privatbank von Wilhelm Kuczynski. Er war engagierter Zionist und war bereits vor der Machtübergabe 1933 antisemitischem Terror ausgesetzt. Er starb 1939 kurz vor seiner geplanten Emigration nach Palästina in Prag. Max Wollsteiners Ehefrau Hedwig geb. Richter war bereits 1936 in Karlsbad verstorben. Ihren beiden Kindern Hanns Salomon Wollsteiner (später Hanns Wolters) und Ruth Wollsteiner (später verheiratet Adler) gelang die Flucht und beide überlebten die Shoah.

Julius Wollsteiner wurde wie auch seine Ehefrau Berta geb. Rothschild 1941 ins Ghetto Litzmannstadt deportiert. Er wurde dort am 23. Januar 1942 ermordet, Berta Wollsteiner wurde 1942 weiter ins Vernichtungslager Kulmhof verschleppt und dort ermordet. Soweit bekannt, war das Ehepaar kinderlos.

Ludwig Wollsteiner war Bankkaufmann und zuletzt angestellt beim Magistrat Berlin-Charlottenburg. Er wurde bereits am 4. August 1942 nach Theresienstadt deportiert und dort am 18. November 1942 ermordet. Ludwig Wollsteiner war ledig und hatte keine Kinder.

Auch der älteste Bruder Arthur Wollsteiner wurde mit seiner Ehefrau Selma geb. Monschke nach Theresienstadt deportiert, am 5. August 1942. Selma Wollsteiner wurde dort am 4. Februar 1943 ermordet. Arthur Wollsteiner überlebte das Lager und kehrte anschließend nach Berlin zurück. Er starb hier am 7. Juli 1949. Arthur und Berta Wollsteiner hatten keine Kinder.

Der Zugangsweg der Bände in den Bestand der Zentral- und Landesbibliothek ist unklar. Die Objekte wurden nach Kriegsende als „Geschenke“ eingearbeitet. Als Lieferantenangabe ist im Zugangsbuch lediglich der in der Nachkriegszeit inflationär verwendete Lieferant „Kulturamt“ sowie das Bücherlager der Berliner Stadtbibliothek genannt. In der Vermögenserklärung vom 29. August 1942 gab Martin Wollsteiner ca. 70 Bücher an. Die Taxierung der Bücher erfolgte durch den Buchhändler Max Niederlechner, der am 19. Oktober 1942 angab, die Bücher für 100.- Reichsmark an den Antiquar Gustav Schmidt verkauft zu haben. Das Antiquariat Gustav Schmidt befand sich in der Katharinenstraße 19 in Berlin-Halensee, nur etwa 10 Gehminuten von der Hektorstr. 16, der letzten Wohnung von Dr. Martin Wollsteiner entfernt. Da die beiden bisher im Bestand der Berliner Stadtbibliothek identifizierten Bücher aus dem vormaligen Eigentum von Dr. Martin Wollsteiner nicht als Kauferwerbungen eingearbeitet wurden, ist es unwahrscheinlich, dass diese beiden Bände Teil der an Schmidt verkauften Bücher waren. Eine Überprüfung der Kauf-Zugänge der Berliner Stadtbibliothek von 1942 bis 1949 weist keine Zugänge des Antiquariats Gustav Schmidt aus.

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