Walter Nathan Hirsch

Stamp and signature of Walter Hirsch, as well as a stamp of the Berlin City Library

Seit 2020 konnten vier Bücher aus der Bibliothek von Walter Nathan Hirsch zurückgegeben werden.

Durch die in den Provenienzhinweisen der untersuchten Bücher genannte Ortsangabe, den Beruf und das Datum 7. April konnte eindeutig der Rechtsanwalt Dr. Walter Nathan Hirsch als vormaliger Eigentümer identifiziert werden.

Walter Hirsch wurde am 7. April 1896 in Schwetz an der Weichsel (Preußen, heute Świecie in Polen) als jüngstes Kind von Alexander Hirsch (1862-1919) und Marie Zadik (1872-1931) geboren. Er studierte Jura in Breslau und zog nach seinem Abschluss bald nach Berlin. Dort heiratete er 1925 Käthe Johanna Seelig (geb. am 3. Februar 1902 in Berlin). Sie lebten in der Tauentzienstr. 7, wohin Walter Hirsch 1928 auch seine Kanzlei verlegte.

Das Paar hatte sechs Kinder: Manfred Alexander (geb. 14. Juni 1926), Marianne (geb. 4. Juni 1927), Ulrich Steffen (geb. 3. Juni 1929), Dieter Wolfgang (geb. 27. Oktober 1931), Dorothea Maria (geb. 29. April 1935) und Alice (geb. 14. August 1937).

Aufgrund des Gesetzes zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums vom 7. April 1933 wurde Walter Hirsch die Zulassung als Rechtsanwalt entzogen. Als Weltkriegsveteran erhielt er diese zwar zeitweilig zurück, 1935 wurde ihm jedoch zunächst das Notariat entzogen, ab 1938 unterlag er wie alle jüdischen Rechtsanwälte in Deutschland einem allgemeinen Berufsverbot. Im gleichen Jahr wurde er außerdem zeitweise in Sachsenhausen in „Schutzhaft“ genommen.

Versuche aus Deutschland auszuwandern – zunächst in die USA, später nach Kuba – scheiterten. Am 24. Oktober 1941 wurde die Familie Hirsch ins Ghetto Litzmannstadt deportiert. Walter Hirsch wurde zur Tätigkeit im „Ordnungsdienst“, einer Art Ghettopolizei, gezwungen.

Marianne Hirsch starb dort am 22. Dezember 1942 im Alter von 15 Jahren, der älteste Bruder Manfred am 27. September 1943 im Alter von 17 Jahren, beide letztendlich an Tuberkulose.

Käthe Hirsch verstarb im April 1944 ebenfalls in Litzmannstadt. Walter Hirsch und seine vier ihm verbliebenen Kinder Ulrich, Dieter, Dorothea und Alice im Alter von 7-15 Jahren wurden im Herbst 1944 ins Vernichtungslager Auschwitz deportiert und dort ermordet.

Der Zugangsweg der Bände in den Bestand der Zentral- und Landesbibliothek ist unklar und konnte nicht eindeutig nachvollzogen werden. Die Objekte wurden in unbearbeiteten Depotbeständen der Berliner Stadtbibliothek (BStB) gefunden oder wurden kurz nach Kriegsende 1945/46 als "Geschenke" eingearbeitet. Vermutlich erwarb die BStB sie 1943 im Zuge des Ankaufs von ~40.000 geraubten Büchern der Berliner Jüdinnen und Juden.

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