Gesellschaft zur Förderung des Christentums unter den Juden
2024 konnte ein Buch der Gesellschaft zur Beförderung des Christentums unter den Juden zu Berlin an das Berliner Missionswerk zurückgegeben werden.
Die 1822 gegründete Gesellschaft zur Beförderung des Christentums unter den Juden in Berlin hatte es sich zur Aufgabe gemacht, Juden zum Protestantismus zu bekehren.
Dieser sogenannten Judenmission standen die „Deutschen Christen“, die insbesondere nach 1933 tonangebend im deutschen Protestantismus wurden, ablehnend gegenüber. In den späten dreißiger Jahren geriet die „Gesellschaft“ zunehmend unter Druck. Nachdem am 11. November 1938 ein Rollkommando die Inneneinrichtung der Geschäftsstelle in der Kastanienallee demoliert hatte, wurde diese schließlich am 23. Januar 1941 von der Gestapo besetzt und die Konten gesperrt. Die Bibliothek der Gesellschaft, die vornehmlich Bücher zu Fragen des Judentums in Deutschland enthielt, wurde beschlagnahmt und zumindest zu einem Teil noch 1941/42 der Staatsbibliothek zu Berlin übereignet.
Das Buch wurde 1948 als Geschenk in den Bestand der Berliner Stadtbibliothek (BStB) eingearbeitet. Als Lieferant ist im Zugangsbuch die Bergungsstelle mit Bergungsauftrag 161 verzeichnet, die entsprechende Bergungsnummer findet sich auch im Buch. Bei Bergungsauftrag 161, „Bücherbestände aus dem Margarinebunker, Hohenzollerndamm“, handelte es sich laut dem entsprechenden Bericht der Bergungsstelle um eine Sammelstelle des Bezirks Wilmersdorf. Es wurde bereits zahlreich NS-Raubgut mit dieser Lieferantenangabe im Bestand der Zentral- und Landesbibliothek identifiziert, vornehmlich Bücher aus der im Klostersturm 1941 geraubten Bibliothek des Klosters Hünfeld.
Die nach Kriegsende zunächst wiederbegründete Gesellschaft zur Beförderung des Christentums unter den Juden löste sich zum 1. Mai 1982 auf. Rechtsnachfolgerin war zunächst das „Ökumenisch-Missionarische Zentrum“. Als heutige Rechtsnachfolgerin konnte die Abteilung Historische Drucke der Staatsbibliothek zu Berlin bereits 2010 das Berliner Missionswerk ermitteln. Die Landeskirchliche Bibliothek der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz (EKBO) verwahrt heute die Bibliothek des Berliner Missionswerks.
Weiterführende Informationen
- ProvenienzWiki des GBV: Gesellschaft zur Beförderung des Christentums unter den Juden
- Laura Steinbrück: Was uns Bücher nicht erzählen – Der lange Weg der Bibliothek der Gesellschaft zur Beförderung des Christentums unter den Juden
- Hollender, Martin; Pudler, Heike und Scheibe, Michaela: Judenmission und Bücherraub. In: Bibliotheksmagazin. Mitteilungen aus den Staatsbibliotheken in Berlin und München, Nr. 2/2010, S.69-74.