Fritz Scherer

Stempel: Fritz Scherer

2024 konnte ein Buch aus der Bibliothek von Fritz Scherer zurückgegeben werden.

Albin Ernst Fritz Scherer wurde am 13. Mai 1903 als Sohn von Friederike Scherer geb. Wehner (1874-1961) und Theobald Urban Richard Fritz Scherer (1869-1946) in Berlin geboren. Er war der jüngste von fünf Brüdern. Seine Geschwister waren Hans (*1897), Willy (1899-1961), Karl (1900-1950) und Ernst (1901-1901). Fritz‘ Vater war Gürtler, die Familie lebte um 1903 in Berlin in der Schönleinstr. 6. Scherer war in seiner Jugend in Berlin Mitglied der Anarchistischen Vereinigung Berlin und in der Freien Arbeiter-Union Deutschlands (FAUD). In Berlin machte er auch eine Ausbildung zum Buchbinder und begab sich im Anschluss daran über acht Jahre lang auf Wanderschaft als Handwerksbursche.

1930/31 war Fritz Scherer Hüttenwart der anarchosyndikalistischen Bakuninhütte in der Nähe von Meiningen (Thüringen), für die er als Abschiedsgeschenk das Hüttenbuch herstellte. Anfang der 1930er Jahre lebte Scherer zusammen mit dem Anarchisten, Publizisten und FAUD-Funktionär Berthold Cahn in der Berliner Wadzeckstr. 4.

Am 2. Dezember 1933 wurden Cahn und Scherer verhaftet, bei einer Hausdurchsuchung werden Bücher und Propagandamaterial beschlagnahmt. Scherer wurde nach 12 Tagen wieder entlassen, Cahn blieb bis 1935 in Berlin-Plötzensee inhaftiert, wurde 1938 erneut verhaftet und schließlich 1942 im KZ Sachsenhausen ermordet.

Fritz Scherer arbeitete nach seiner Entlassung als Buchbinder bei der Berliner Feuerwehr. 1934 heiratete er in Berlin Martha Luise Rautenhaus (1911-2000). Das Paar hatte bald darauf zwei Töchter. Fritz Scherer wurde bis Kriegsende noch mehrfach von der Gestapo verhaftet, da er sich weiterhin antifaschistisch betätigte, unter anderem war er 1937 im sog. Syndikalistenprozess angeklagt. 1941 wurde Scherer zur Wehrmacht eingezogen und als Sanitätssoldat ausgebildet und eingesetzt. 1945 befand er sich in einem Kriegsgefangenenlager bei Meiningen, kam allerdings durch persönliche Kontakte bald frei.

Auch nach Kriegsende verteilte er weiterhin anarchistische Flugblätter, er lebte nun mit seiner Familie in Vogelsdorf bei Berlin. Bevor er wegen der „antikommunistischen“ Flugblätter verhaftet werden konnte, floh er um 1950 nach Westberlin. Seine Familie konnte 1952 nachziehen.

Scherer betätigte sich weiterhin politisch, etwa bei der Föderation Freiheitlicher Sozialisten (FFS), der Nachfolgeorganisation der FAUD, oder durch Unterstützung des 1976 gegründeten Libertad-Verlags. Fritz Scherer starb am 18. Juni 1988 in Berlin.

 

Der restituierte Band stammt aus einem Depot des Reichssicherheitshauptamtes (RSHA) in der Eisenacher Str. 11-13 in Berlin Schöneberg. Das RSHA hatte dort geraubte Bücher aus ganz Europa zusammengetragen. Teile dieser Bücher wurden nach Kriegsende 1945 von der Bergungsstelle auf Bibliotheken in Berlin verteilt.

 

Weiterführende Informationen

  • Richarz, Kai: Die Bakuninhütte bei Meiningen (Thüringen) : Zur Geschichte und Bedeutung eines anarchosyndikalistischen Ferienheimes ; Eine Quellenedition vom Gästebuch der Bakuninhütte. Bachelorarbeit, FU Berlin, 2016. Online: https://refubium.fu-berlin.de/bitstream/handle/fub188/25352/Bachelorarbeit_Kai_Richarz.pdf
  • Wanderhütte Bakunin e.V. (Hg.); "Rebellen Heil" - Fritz Scherer - Vagabund, Wanderer, Hüttenwart, Anarchist. Karin Kramer Verl., Berlin, 2010.