Familie Zander

"Dr. Kurt Zander". Kurt Zander Collection, AR 4371, Box 1, folder 4. Photo Courtesy of Leo Baeck Institute New York.

"Kurt Zander mit Angestellten der Berlin-Bagdad-Bahn". Kurt Zander Collection, AR 4371, Box 1, folder 4. Photo Courtesy of Leo Baeck Institute New York.

2021 konnte ein Buch aus der Bibliothek der Familie Zander zurückgegeben werden.

Der Zugangsweg des Buches (Adelheid Wette: Hänsel und Gretel : Märchenspiel in drei Bildern, um 1900) in den Bestand der Berliner Stadtbibliothek (BStB) ist unbekannt und konnte nicht nachvollzogen werden. Es wurde in unbearbeiteten Depotbeständen der BStB identifiziert und enthält keine Merkmale, die auf Zwischenbesitzer*innen hinweisen.

Durch den handschriftlichen Eintrag „Anatolische Bahn Geheimrath Zander Constantinopel“ konnte eindeutig Johannes Kurt Zander als vormaliger Eigentümer identifiziert werden. Er wurde am 24. September 1860 als Sohn von Abraham Zander (1822-1892) und Clara Zander, geb. Prager (1836-1893), in Stettin geboren. Er studierte Jura, zog nach Berlin und gründete dort eine Familie mit der am 9. August 1871 ebendort geborenen Gertrud Simon. Kurt Zander wurde im Laufe seiner Karriere zum Geheimen Justizrat ernannt und war von 1897 bis 1905 Generaldirektor der Anatolischen Eisenbahn-Gesellschaft und anschließend Direktor der Deutschen Bank. Er starb am 22. März 1922 in Berlin. Es ist anzunehmen, dass das Buch anschließend im Besitz seiner Frau oder seiner Kinder war.

Gertrud Zander war die Tochter von Hedwig Louise Liebermann und des Berliner Kaufmanns Theodor Veit-Simon. Mit Kurt Zander hatte Sie fünf Kinder: Clara, Käthe, Karl, Theodora und Ernst. Im nationalsozialistischen Deutschland waren sie alle als Jüdinnen und Juden verfolgt. Ein Teil der Familie flüchtete in die Niederlande, wo Karl Zander schon seit längerem lebte.

Gertrud Zander wurde 1943 zunächst in Westerbork interniert, später ins Vernichtungslager Sobibor deportiert und dort ermordet. Ebenfalls in Sobibor ermordet wurden ihre Tochter Clara (1895-1943), ihr Sohn Karl (1900-1943), dessen Ehefrau Anette, geb. Monasch (1908-1943), und deren drei Kinder Hedwig (1931-1943), Robertine (1934-1943) und Frans Koert (1938-1943).

Die am 31. Mai 1896 in Berlin geborene Käthe Zander konnte 1939 nach Großbritannien fliehen und überlebte so die Shoah. Sie emigrierte später in die USA, wo sie bis zu ihrem Tod 1984 lebte.

Theodora „Dodi“ Zander war 1904 in Berlin geboren worden. Sie flüchtete aus Deutschland über Belgien ebenfalls in die Vereinigten Staaten. Dodi Zander starb am 22. April 1989 in New York.

Das jüngste Kind der Familie war Ernst Konrad Heinrich Zander, geboren am 2. Dezember 1908 in Berlin. Ernst Zander war in Berlin bereits vor 1933 politisch aktiv und stellvertretender Leiter der Charlottenburger Widerstandsgruppe der Sozialistische Arbeiterpartei (SAP). Seine Wohnung in der Reichsstr. 8 diente als Treffpunkt, auch für eine Gruppe des Sozialistischen Jugendverbandes (SJV). Schon 1933 wurde Ernst Zander verhaftet und mehrere Tage im Maikowski-Haus der SA festgehalten. In einem der ersten Massenprozesse gegen eine Partei der Arbeiterbewegung wurde er zu zwei Jahren Zuchthaus verurteilt. Nach der Haft ging er ins Exil nach Uruguay und überlebte so die Shoah.  Er war verheiratet mit Maria de las Nieves, mit der er zwei Söhne hatte.