Emil Wolffenstein

Stempel: "Gertrud Hessel Berlin Genthinerstr. 43"

Stempel: "Siegfried Hessel Berlin Genthinerstr. 43."

2024 konnten zwei Bücher aus dem vormaligen Besitz von Emil Wolffenstein zurückgegeben werden. Die Bücher enthielten Stempel, „Gertrud Hessel Berlin Genthinerstr. 43“ und „Siegfried Hessel Berlin Genthinerstr. 43“.

Durch die auf beiden Stempeln angegebene Adresse und den durch den identischen Nachnamen zu vermutende Verwandtschaft von Gertrud und Siegfried Hessel, konnten beide Personen durch Eintragungen in Adressbüchern sowie Geburts- Heirats- und Sterberegistern eindeutig identifiziert werden.

Siegfried Hessel wurde ca. 1846 in Schwerin an der Warthe (poln. Skwierzyna) als Sohn von Aron Hessel und Amalie Hessel geb. Krakau geboren. Er war Kaufmann, betrieb ein Getreidehandelsgeschäft mit Carl Landshoff und lebte seit mindestens 1873 in Berlin, wo er 1875 die ebenfalls aus Schwerin an der Warthe stammende Recha Landshoff, eine Cousine seines Geschäftspartners, heiratete.

Am 10. November 1876 wurde Gertrud Alice Hessel als erstes und, soweit ermittelbar, einziges Kind des Ehepaars geboren. Ab spätestens 1910 hatte Siegfried Hessel das später als Siegfried Hessel & Co. Firmierende Getreidegeschäft aufgegeben, war Rentier und als Handelsrichter in Berlin tätig. Er starb am 20. März 1918 in Berlin. Gertrud Hessel heiratete im Jahr darauf den Anwalt Dr. jur. Emil Wolffenstein. Das Paar lebte in Berlin Grunewald, Douglasstr. 30 (1921), später in Charlottenburg in der Giesebrechtstr. 6 (1927). Gertrud Wolffenstein starb 1930 im Alter von nur 53 Jahren. Das Paar hatte keine Kinder.

Emil Wolffenstein war am 17. Oktober 1875 in Dömitz (Mecklenburg) als Sohn von Wolff und Frieda Wolffenstein zur Welt gekommen. Er hatte zwei Schwestern, die 1873 geborene Else und die 1877 geborene Minna. Seine Promotion erlangte Emil Wolffenstein in Leipzig, die Assessorenprüfung legte er in Berlin ab, wo er seit mindestens 1908 lebte und zunächst als Rechtsanwalt am Landgericht arbeitete, später als Rechtsanwalt und Notar. Im Juli 1933 wurde ihm das Notariat entzogen. Bis zum allgemeinen Berufsverbot 1938 war er weiterhin als Anwalt tätig. Nach dem Tod von Gertrud zog er in die Kurfürstenstr. 43, und lebte dort zuletzt mit seiner jüngeren Schwester Minna zusammen. Am 13. Januar 1942 wurden Emil und Minna Wolffenstein ab Berlin ins Ghetto Riga deportiert und ermordet. Ein genaues Todesdatum konnte nicht ermittelt werden.

Die Vermögenserklärung von Emil Wolffenstein vom 7. September 1941 listet u.v.a. zwei Bücherschränke, ohne den Inhalt näher zu spezifizieren. Die Wohnungseinrichtung in der Kurfürstenstr. 43 wurde der Berliner Städtischen Pfandleihanstalt zur Verwertung übergeben. Dies legt einen Zugang der Bücher in den Bestand der Berliner Stadtbibliothek mit dem Ankauf der Bücher der Deportierten von 1943 nahe.

Else Wolffenstein war verheiratet mit dem Kaufmann Siegmund Gumpert. Ihre Kinder Julius, Thea und Charlotte „Jutta“ Gumpert waren bereits vor 1933 in die USA bzw. nach Palästina emigriert. Else Wolffenstein konnte 1937 ebenfalls in die USA emigrieren, wo sie bis zu ihrem Tod 1955 lebte. Ihr Ehemann Siegmund Gumpert starb 1946 in Palästina.

Der Zugangsweg der beiden Bände in den Bestand der Berliner Stadtbibliothek ist unklar und konnte nicht nachvollzogen werden. Beide Bücher stammen aus unbearbeiteten Depotbeständen. Es besteht die Vermutung, dass sie Teil der ~40.000 geraubter Bücher waren, die die Berliner Stadtbibliothek 1943 von der Städtischen Pfandleihanstalt erwarb, bewiesen werden kann dies jedoch nicht.