Edith und Ruth Capauner

Autogramm: "Edith Capauner 7.1.20"

Stempel: "Ruth Capauner - Zahnärztin - Berlin W. 62 - Wichmannstrasse 22"

2023 konnten von der Stiftung Neue Synagoge Berlin - Centrum Judaicum und der ZLB gemeinsam sechs Bücher aus den Bibliotheken von Edith und Ruth Capauner zurückgegeben werden.

Ruth Capauner wurde am 22. März 1899 in Cosel bei Bautzen als Tochter des Kaufmanns Heinrich Capauner und der Johanna geb. Goldstein geboren. Ihre kleine Schwester Edith wurde am 7. Januar 1904 ebenfalls in Cosel geboren. Die Familie zog 1910 nach Berlin, wo Heinrich Capauner nur ein Jahr später im Alter von nur 45 Jahren starb.

Ruth Capauner machte 1920 Abitur und studierte danach Zahnheilkunde in Berlin, sie erhielt ihre Approbation 1925. Im gleichen Jahr fand sie eine Anstellung an der Zahnklinik der Ortskrankenkasse für das Buchdruckgewerbe. 1933 wurde sie aufgrund des Gesetzes zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums entlassen. Sie behandelte daraufhin zunächst privat, bis ihr 1939 schließlich auch die Approbation entzogen wurde. Ruth Capauner flüchtete daraufhin nach Großbritannien und überlebte so den Holocaust.

Über Edith Capauner ist weniger bekannt. Sie lebte in Berlin mit ihrer Schwester Ruth und ihrer beiden Mutter Johanna zunächst in der Wichmannstraße 22, später in der Motzstraße 43. Edith Capauner emigrierte ebenfalls 1939 als Hausangestellte nach Großbritannien. Nach ihrer Indexkarte für ausländische Internierte in Großbritannien während des II. Weltkriegs  war sie zuvor Sozialarbeiterin.

Die am 8. Oktober 1876 in Lipine/Lipiny (Schlesien) geborene Johanna Capauner arbeitete in Berlin als Bürovorsteherin. Sie lebte bis zu ihrer Deportation 1941 in der Motzstraße, zuletzt gemeinsam mit ihrer Schwester Paula, die mit Heinrich Capauners Bruder Hermann (1859 - 1932) verheiratet war, und also ebenfalls Capauner hieß. Beide wurden ins Ghetto Litzmannstadt verschleppt, wo Paula am 17. Juni 1942 ermordet wurde. Johanna Capauner wurde weiter ins KZ Kulmhof deportiert und dort am 7. September 1942 ermordet.

Zwei der drei von der ZLB zurückgegebenen Bücher stammen aus Depotbeständen der Berliner Stadtbibliothek, das dritte wurde 1945 als Geschenk verzeichnet. Der hierzu im Zugangsbuch gelistete Lieferant „Kulturamt“ wurde ab 1945 häufig für bereits im Haus befindliches NS-Raubgut verwendet, das 1943 von der Städtischen Pfandleihanstalt angekauft worden war. Auch die Biographien der beiden Voreigentümerinnen legen nahe, dass alle drei Bücher aus diesem Ankauf, bei dem die Berliner Stadtbibliothek ~40.000 Bücher von als Jüdisch verfolgten Berliner*innen akquirierte, stammen.