Bibliothek Sassenbach, ADGB

Etikett mit Signatur der Bibliothek Sassenbach © ZLB

Exlibris der Bibliothek Sassenbach © ZLB

Im März 2024 konnten ein Buch und ein Exlibris aus der "Bibliothek Sassenbach, Ortsausschuß Berlin des A.D.G.B." an die Friedrich-Ebert-Stiftung restituiert werden.

Johannes Sassenbach (1866–1940) war ab 1891 Vorsitzender des Allgemeinen Deutschen Sattlervereins. Später war er Mitglied der Generalkommission der Gewerkschaften Deutschlands, seit 1922 dessen Sekretär und ab 1927 Generalsekretär des Internationalen Gewerkschaftsbundes. Er war Verleger und Publizist und der erste Bibliograph gewerkschaftlichen Schriftgutes. Sassenbach besaß eine „der größten und übersichtlichsten Privatbüchereien“ Berlins, die er 1927 dem Berliner Ortsausschuss des ADGB (Allgemeinen Deutschen Gewerkschaftsbundes) als Studienbibliothek überließ.

Gewerkschaftsbibliotheken wurden zu dieser Zeit teilweise von den Gewerkschaftszusammenschlüssen vor Ort („Gewerkschaftskartelle“) getragen, teilweise fungierten sie als Träger-Zusammenschlüsse der Gewerkschaftskartelle mit den lokalen sozialdemokratischen Wahl- und Ortsvereinen („Arbeiterbibliotheken“). Überdies entwickelten sich schon sehr früh bei den Verbandsvorständen Bibliotheken, die den Mitarbeitern der Gewerkschaftsvorstände zur Verfügung standen.

Johannes Sassenbach engagierte sich für das gewerkschaftliche Bildungswesen und war einer der Mitbegründer des gewerkschaftlichen Verlags- und Bibliothekswesens. Am 10. Mai 1933, dem Tag der Bücherverbrennungen, wurde das Vermögen der SPD von den Nationalsozialisten beschlagnahmt. Schon wenige Tage zuvor, am 2. Mai 1933, hatten die Nationalsozialisten sich des Vermögens der Gewerkschaften bemächtigt, die nunmehr das Verfügungsrecht über ihre zahlreichen Einrichtungen, Büros, Immobilien, aber auch über ihre Archive und Bibliotheken verloren. Beschlagnahmungen von Büchern, Archiv- und Schriftgut fanden bei nahezu allen Besetzungen von Gewerkschaftshäusern in Deutschland statt. Dabei gerieten die beschlagnahmten Gewerkschaftsbibliotheken in den Interessenkonflikt konkurrierender NS-Einrichtungen sowie diverser staatlichen Stellen. Im konkreten Fall waren das die Deutsche Arbeitsfront (DAF) und die NSDAP. In dem von der Deutschen Arbeitsfront besetztem Haus des freigewerkschaftlichen Dachverbandes Allgemeiner Deutscher Gewerkschaftsbund (ADGB) entstand im Januar 1934 das Parteiarchiv der NSDAP und jenes der DAF. Darin wurden auch die Archive, Kataloge und Bibliotheken der verbotenen Arbeiterorganisationen integriert.

Zunächst hatte sich als Erster das „Reichsarchiv“ die Bibliothek des Bundesvorstands des ADGB und der Sassenbach-Bibliothek einverleibt. Die DAF unterlag in einem internen Machtkampf und musste auf Veranlassung des Hitler-Stellvertreters Rudolf Heß (1894–1987) ihre Archivbestände mit der Sassenbach-Bibliothek im Oktober 1934 nach München abgeben, wo sie bis zum Ende des Krieges verwahrt blieben. 1947 kam es zur Überführung des größten Teiles der Bibliothek über den Munich Central Collecting Point in das Offenbach Archival Depot (OAD), wo der Bibliotheksbestand wahrscheinlich aufgeteilt wurde – die Bibliothek gilt heute zum Großteil als verschollen. Ein Teil des Bibliotheksbestandes kam nach der Auflösung des OAD an die Stadt- und Universitätsbibliothek Frankfurt am Main, den diese vom Hessischen Ministerium für Kultur und Unterricht zur treuhänderischen Aufbewahrung übernommen hatte. Weitere Teile der Bibliothek gelangten in das Bundesarchiv in Berlin und in die Bibliothek der Friedrich-Ebert-Stiftung in Bonn.

Zugang

Der Zugangsweg des Objekts in den Bestand der Zentral- und Landesbibliothek ist unbekannt und konnte nicht nachvollzogen werden. Das Buch wurde im unbearbeiteten Depotbestand identifiziert. Auch wenn sich in dem Objekt keine handschriftliche Nummer befindet, die einer Bergungsstelle zuzuordnen ist, kann dieser Zugangsweg als wahrscheinlich bewertet werden.

Das Exlibris stammt aus der Exlibris-Sammlung der BStB, die seit ca. Anfang der 1980er-Jahre von einem Buchbinder angelegt und in den 2010er-Jahren dem Bereich Provenienzforschung der ZLB übergeben wurde.

Weiterführende Informationen

Peter, Gisela (2006): Gewerkschaftliche Literatur vor 1914. Die bibliografische Leistung Johannes Sassenbachs, Berlin.

Schwarz, Jaques: Johann Sassenbach (1866-1940), in: Benser, Günter / Schneider, Michael (Hrsg.) (2009): Bewahren – Verbreiten – Aufklären. Archivare, Bibliothekare und Sammler der Quellen der deutschsprachigen Arbeiterbewegung, Bonn-Bad Godesberg.