Latvijas Republikas Saeima, Biblioteka
2025 konnten zwei Bücher aus Latvijas Republikas Saeima, Biblioteka an die Parlamentsbbibliothek Lettlands zurückgegeben werden.
Anhand des in den Büchern befindlichen Stempels und ferner der verbundenen Katalognummer „Kr. Kat. H 5242“, die sich in einem der Bände nachweisen lässt, konnten die Bücher eindeutig der Latvijas Republikas Saeima Biblioteka (Parlamentsbibliothek der Republik Lettland) zugeordnet werden.
Die Bibliothek des lettischen Parlaments in Riga, die Latvijas Republikas Saeima Biblioteka, wurde während der deutschen Okkupation Lettlands von 1941 bis 1944 ausgeraubt. Teile des Bestandes wurden als sog. Beutegut nach Deutschland verschleppt. Nach dem Ende des I. WK erklärte Lettland am 18. November 1918 seine Unabhängigkeit. Es folgte der Lettische Unabhängigkeitskrieg, der am 11. August 1920 mit dem Friedensabkommen mit Sowjetrussland endete. Im Zuge der Wahl des Abgeordnetenhauses des unabhängigen Lettlands wurde am 9. Juni 1920 ein Bibliotheksausschuss gebildet. Die bis dahin aufgebaute Bibliothek wurde im Anschluss an die Konsultation des I. lettischen Parlaments als Parlamentsbibliothek (Saeima) weitergeführt. Die Bibliothek existierte bis zur Auflösung des lettischen Parlaments am 15. Mai 1934.
Im Dezember 1992 restituierte die Deutsche Bibliothek in Frankfurt im Auftrag des Bundesministers des Innern, Rudolf Seiters, 27 Bücherkisten, die während der deutschen Okkupation Lettlands nach Deutschland verlagert worden waren, an die lettische Nationalbibliothek in Riga. Darunter befanden sich drei Kisten mit Materialien aus der Saeima in Riga. Recherchen brachten die Erkenntnis, dass Teile der Bücher im Depot des Reichssicherheitshauptamtes (RSHA) eingelagert worden sind. In dem ehemaligen Logengebäude in der Eisenacher Straße 11-13 in Berlin-Schöneberg befand sich die Bibliothek des RSHA. Millionen Bücher aus von den Nationalsozialisten in Deutschland und Europa geraubten Bibliotheken wurden dort zusammengetragen. Die nationalsozialistischen Machthaber planten mit dem NS-Raub- und Beutegut den Aufbau einer „Gegnerbibliothek“.
Wie der genaue Weg der Bücher aus der lettischen Parlamentsbibliothek ins RSHA verlief, ist bisher unbekannt. Vermutlich sind die lettischen Buchbestände sowie andere lettische Kulturgüter von den Nationalsozialisten im Auftrag von Reichsleiter Alfred Rosenberg (1893–1946) im Sommer 1944 nach Deutschland verlagert worden. Sylvia Kubina vermutet, dass es sich bei dem Depot des RSHA um ein Zwischenlager für die lettischen Bücher gehandelt haben könnte, da bereits seit 1943 kriegsbedingte Auslagerungen von Bibliotheksbeständen in Berlin stattgefunden haben. In einem der beiden Bände ist der Stempel der „Bücherei der Höheren SS- und Polizeiführer für das Ostland“ (HSSPF) nachweisbar. Dabei handelte es sich um ein Organ des Reichskommissariats Ostland (RKO), das während des II. WK nach dem Überfall des Deutschen Reichs auf die Sowjetunion im Juni 1941 eingerichtet worden war. Dabei übernahmen die Stabsstellen der Höheren SS- und Polizeiführer die Zivilverwaltung in den okkupierten Gebieten. Das RKO stand unter der Leitung des Reichsministeriums für die besetzten Ostgebiete, dem Alfred Rosenberg vorstand. Der Band mit der Signatur „Ua 311“ war demnach für einen nicht mehr genau zu bestimmenden Zeitraum Teil der HSSPF-Bücherei.
Das im Bestand der ZLB identifizierte Buch mit der Signatur „Bb 298“ konnte nicht eindeutig den ehemaligen Beständen des RSHA zugeordnet werden. Dies ist nur beim zweiten Band mit der Signatur „Ua 311“ anhand der enthaltenden Bergungsstellennummer „15“ möglich. Entsprechend den bisherigen Erkenntnissen und dem Zugangsbuch der SeBi, ist davon auszugehen, dass die Verwaltungsbücherei Schöneberg nach dem Ende des II. WK ihre Bestände mit Büchern aus der Bergungsstelle für wissenschaftliche Bibliotheken 101 (Herrenlose Bestände des Volksbildungsamtes Schöneberg) ergänzt hatte.
Quellen
- Kubina, Sylvia (1995): Die Bibliothek des Rätekommunisten Alfred Weiland (1906–1978), Veröffentlichungen der Freien Universität Berlin, hier Band 4. Berlin: Universitätsbbliothek der Freien Universität Berlin, S. 88 f.
- Seibert, Sebastian (2023): Die Bibliothek des Reichssicherheitshauptamtes und der Kulturgutraub in der Zeit des Nationalsozialismus, Berliner Handreichungen zur Bibliotheks- und Informationswissenschaft, hier Heft 515, hrsg. Von Vivien Petras. Berlin: Humboldt-Universität zu Berlin.